Newsletter - weißensee kunsthochschule berlin - Dezember 24

 Newsletter 12/23  

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Liebe Leser_innen,

wussten Sie, dass bei selbstständigen Kulturschaffenden der Gender Pay Gap mit 24 Prozent noch immer weit über dem bundesweiten Durchschnitt liegt? In der Modebranche verdienen Designerinnen sogar nur halb so viel wie ihre männlichen Kollegen.

Die Zahlen sind alarmierend, verwundern aber kaum, haben doch Diskriminierung und Geschlechterungerechtigkeit in der Kulturbranche eine lange und hartnäckige Tradition. Selbst am progressiven Bauhaus, nach dessen Vorbild die weißensee kunsthochschule berlin 1946 gegründet wurde, repetierten die Lehrenden unverhohlen Geschlechterstereotypen: Johannes Itten soll mit männlichem Hochmut behauptet haben, dass Frauen nur zweidimensional denken könnten, Männer hingegen dreidimensional. Paul Klee war überzeugt: Genie ist männlich. Und Oskar Schlemmer dichtete, nachdem die Weberei zur Frauenklasse erklärt wurde: „Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib." Es spricht wohl für sich, dass sich ausgerechnet die Weberei – die Frauenklasse – zu einer der künstlerisch produktivsten und kommerziell erfolgreichsten Werkstätten entwickelte.

Dank der mutigen und unerbittlichen Vorkämpferinnen hat sich nicht nur an den Akademien und Kunsthochschulen ein geschärftes Bewusstsein für Diversität und Genderthematiken entwickelt. Dass wir im aktuellen Gleichstellungs-Ranking der Künstlerischen Hochschulen nun sogar einen der vorderen Plätze belegen und der weißensee kunsthochschule berlin in einer externen Evaluation eine besondere Sensibilität für die Thematik bescheinigt wurde, macht uns doch auch etwas stolz. 

Mit dazu beigetragen hat u.a. unsere Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Dr. Rena Onat, die am 6. November einstimmig wiedergewählt wurde. Ihre Vision: „Inzwischen studieren zwar mehrheitlich Frauen künstlerische Berufe, aber ich wünsche mir, dass diese Frauen auch feministisch empowert werden, keine sexualisierte Diskriminierung und Gewalt erfahren und gute Arbeitsbedingungen und Zukunftsperspektiven auch nach dem Studium finden.“

Diskriminierung hat viele Gesichter. Auch Menschen mit Beeinträchtigung erleben im Bildungs- und Kulturbereich vielfach strukturelle Benachteiligung. Die weißensee kunsthochschule berlin erprobt deshalb im Rahmen des Pilotprojekts ARTplus neue Wege, um Kreativen mit Behinderung einen Zugang zum Kunststudium zu ermöglichen. Wir berichten in diesem Newsletter über die ersten Erfolge des Projekts. Und wir empfehlen Ihnen Veranstaltungen, für die Sie trotz Vorweihnachtshektik im Dezember noch Zeit einplanen sollten. Wir freuen uns auf Sie!

Ihre weißensee kunsthochschule berlin

Veranstaltungen
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„Katzen und Architektur“

Im Rahmen der Ringvorlesung „see – ander(e)s sehen“ geben neu berufene Professor_innen Einblicke in ihre Forschung und künstlerische Arbeit. Prof. Wilhelm Klotzek stellt unter dem Titel „Katzen und Architektur“ am Mittwoch, 13.12.23 um 17 Uhr in der Aula einige seiner Werkkomplexe vor. Wilhelm Klotzek unterrichtet seit 2023 als Professor im Fachgebiet Bildhauerei an der weißensee kunsthochschule berlin. Beim Radiosender Piradio moderiert und produziert Klotzek die monatliche Radiosendung „Horror des Alltags“. Seine Arbeiten wurden u.a. im Kunsthaus Dresden, Kunstverein Heidelberg, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Galerie Laura Mars, Galerie Tobias Naehring Leipzig und Berlin, Memphis in Linz, ifa-Galerie Berlin, Kunstverein Reutlingen und Das Minsk – Kunsthaus in Potsdam ausgestellt. In Kürze erscheint das Künstlerbuch „Kunstbuchhandlung“ im Verlag der Buchhandlung Franz & Walther König.

IM FOKUS

Das Fachgebiet Bühnen- und Kostümbild lädt mit der Vortragsreihe „IM FOKUS“ herausragende Bühnen- und Kostümbildner_innen ein, ihre Arbeiten und Arbeitsweisen vorzustellen und mit Studierenden und allen Interessierten darüber ins Gespräch zu kommen.

Im Wintersemester sind zu Gast: die Bühnen- und Kostümbildnerin Mirjam Stängl (07.12.2023), das künstlerische Team Joki Tewes und Jana Findeklee (15.12.2023), deren Bereiche Bühne, Kostüm und Video umfassen, die Kostümbildnerin Lisy Christl (11.01.2024), deren Filmkostüme aktuell in „Im Westen nichts Neues“ zu sehen sind, und die Kostümbildnerin Victoria Behr (08.02.2024), die besonders durch ihre zahlreich prämierten Arbeiten mit Herbert Fritsch bekannt ist. Die Vorträge finden in der weißensee kunsthochschule berlin im Hörsaal C1.05 statt; sie beginnen jeweils um 17:30 Uhr.

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SEEMARKT 

Am Sonntag,10.12.23, zwischen 11 und 17 Uhr findet eine von Studierenden organisierte Winter-Edition des Kunst- und Flohmarktes SEEMARKT in der Aula und im Foyer der weißensee kunsthochschule berlin statt. Studierende, Dozierende und Beschäftigte der Hochschule, aber auch Künstler_innen und Weißenseer_innen sind eingeladen, den Markt zu bespielen. Wer noch individuelle und ausgefallene Unikate als Weihnachtsgeschenke sucht, sollte unbedingt den SEEMARKT besuchen. Neben Flohmarktartikeln wie Kleidung und Büchern gibt es Kunst, Drucke, Skizzen oder Prototypen zu kaufen. Waffeln und Glühwein sollen bei der Weihnachtsedition natürlich auch nicht fehlen.


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Aus dem Hochschulgeschehen
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Abschied und Neubeginn in der Kunsttherapie

Prof. Dr. Karin Dannecker leitet mit großem Erfolg seit fast 20 Jahren den von ihr gegründeten Studiengang Kunsttherapie an der weißensee kunsthochschule berlin. Ab Januar übernimmt nun Prof. Dr. Uwe Herrmann, PhD, die Leitung des weiterbildenden Masterstudiengangs. Der promovierte Kunsttherapeut und bildende Künstler arbeitet seit 1991 hauptberuflich mit blinden und sehbehinderten Klient_innen am Landesbildungszentrum für Blinde in Hannover. Im Studiengang Kunsttherapie unterrichtet er bereits seit 2014 als Gastprofessor.
Im Dezember erscheint in London eine von Uwe Herrmann mitherausgegebene Publikation „Arts Therapies and the Mental Health of Children and Young People. Contemporary Research, Theory and Practice, Volume 2“ sowie eine Podcast-Folge der Ateliergespräche, in der er über seine kunsttherapeutische Arbeit mit blinden Kindern und über den Studiengang Kunsttherapie berichtet.  

ARTplus
 
Die weißensee kunsthochschule berlin nimmt in Kooperation mit EUCREA - Verband Kunst und Behinderung am bundesweiten Programm ARTplus teil. Ziel des Programms ist es, in der Praxis neue Wege zu erproben, wie die weißensee kunsthochschule berlin für Kreative mit Behinderung dauerhaft zugänglicher werden kann. Im Frühjahr und Sommer haben bereits Kreative mit psychischen Einschränkungen und Lern- und Sinnesbehinderungen an der weißensee kunsthochschule berlin hospitiert. Melanie Schamp, die sonst als Zeichnerin in der Kunstwerkstatt Mosaik Berlin arbeitet, konnte dabei die Strickwerkstatt kennenlernen. Seit dem Wintersemester ist sie nun bei uns Gasthörerin. Auch andere Künstler_innen der Kunstwerkstatt Mosaik nehmen derzeit an Lehrangeboten der weißensee kunsthochschule berlin teil. Neben künstlerischem und handwerklichem Input sammeln sie Erfahrungen, die sie auf ein mögliches zukünftiges künstlerisches Studium vorbereiten.
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Foto: Anton Suvorov im Gespräch mit Prof. Peter Rösel beim Betrachten seiner Zeichnungen im Sommer, © Nina Pfannstil